Familie schön mit Naila & Siena
„Schwanger mit Naila (ehem. Tündér) und Siena (ehem. Speranta)“
Ich bin mit Hunden aufgewachsen und als ich zum Studieren in eine andere Stadt ging, vermisste ich unsere Familienhündin Nicky sehr. Je mehr Zeit verging, umso stärker wurde mein Gefühl, dass etwas fehlt. Die ersten Jahre meines Studiums waren sehr stressig und so drängte ich meine Sehnsucht nach einem Hund in den Hintergrund, bis es irgendwann nicht mehr möglich war. Ich ging also auf die Suche nach meinem ersten eigenen Hund.
Die Hundesuche
Ich fuhr in viele Tierheime und schaute auch im Internet nach Hunden. Irgendwie bin ich dann auf die Seite der Pfotenhilfe Ungarn gestoßen. Die darauffolgenden Wochen verbrachte ich damit, Hundefotos anzuschauen und Vermittlungstexte durchzulesen. Nach und nach schlich sich dann aber ein Bild in meinen Kopf (und ein Hund in mein Herz) – Tündér.
Ich schaute dann aber doch weiter hier in der Gegend nach Hunden, denn „man kann sich doch keinen Hund aus dem Internet nehmen, den man noch nie gesehen hat und der vielleicht gestört ist“. Aber bei jedem Hund, den ich mir anschaute, dachte ich immer an Tündér. Ich musste beim Aufwachen und beim Einschlafen an sie denken und da ich es eigentlich schon lange wusste, beschloss ich nun endgültig, dass sie zu mir kommen soll. Irgendein Hundetrainer würde mir schon helfen können, wenn es große Probleme geben würde.
Den Text für das Kontaktformular habe ich bestimmt 20 Mal geändert, nicht mal für meine Aufsätze in der Schule gab ich mir so viel Mühe. Dann begann das lange Warten auf eine Antwort (eigentlich war es nicht lange, aber mir kam es ewig vor) und in dieser Zeit dachte ich nur immer wieder „hoffentlich bekomme ich sie, hoffentlich habe ich nichts Falsches geschrieben, hoffentlich hat sie nicht schon Interessenten, …“. Ich habe dann mehrmals mit ihrer Vermittlerin geschrieben und telefoniert und dann wurde ein Termin für die Vorkontrolle festgelegt. Meine Wohnung war so sauber geputzt, wie schon lange nicht mehr und ich konnte die Nacht vor der Vorkontrolle vor Aufregung nicht schlafen. Es lief alles gut und man gab das Okay für eine Vermittlung zu mir. Ich war so glücklich und wusste gar nicht, wie ich die kommenden Wochen aushalten soll. Ich kaufte Näpfe, ein Hundebett, Halsband, Leine, Geschirr, Futter und Spielzeug und alles in meiner Wohnung sah nach Hund aus, nur dass eben der Hund noch fehlte.
Endlich kommt sie
Dann war es endlich soweit – Transportwochenende. Ich fuhr mit einer Freundin nachts gegen 12 Uhr nach Erlangen (natürlich waren wir viel zu früh dort) und ich musste wieder warten. Dann kam endlich der Pfotenhilfe-Transporter an und mein Herz pochte wie verrückt. Die Tür ging auf und Tündér war unten rechts in der Box. Man hob sie heraus und sie drückte sich ganz flach auf den Boden. Am liebsten wäre sie unters Auto gekrochen. Wir trugen sie zu unserem Auto und dann saß ich da mit meinem ersten eigenen Hund.
Die ganze Heimfahrt über habe ich sie gestreichelt und sie hat mich abgeleckt. Zuhause angekommen wollte Tündér auch nicht laufen und ich trug sie hoch in meine Wohnung. Da wir erst gegen ca. 4 Uhr morgens Zuhause waren, war die Nacht recht kurz und wir starteten Frühs unseren ersten Spaziergang. Die Treppen musste ich sie wieder runtertragen und habe schon mit dem schlimmsten gerechnet (25kg Hund dauerhaft tragen, ist nicht so schön). Doch Tündér lief einfach mit mir mit, ganz nah an mir und etwas zaghaft, aber sie lief mit. Die Sonne schien und ich hatte den Hund neben mir an der Leine, auf den ich so lange gewartet habe. Wieder Zuhause angekommen, legte Tündér sich auf ihr Bett, so als wäre es schon immer ihres gewesen. Ich sah sie die ganze Zeit an und war mir sicher, dass es keinen schöneren Hund geben kann und dass es genau die richtige Entscheidung war. Ich musste so lachen, als sie auf einmal etwas hörte und ihre großen Ohren aufstellte. Auf allen Tierheimfotos war sie nur mit zurückgeklappten Ohren zu sehen. Einen neuen Namen bekam Tündér auch, nämlich Naila. Das bedeutet „die besonders Schöne“ oder „die Willkommene“ und das passte beides.
Der liebste Hund der Welt
In den Wochen darauf lernte sie Treppensteigen, Aufzug fahren, dass Autofahren nicht schlimm ist und dass andere Hunde toll sind. Naila lief mir überall hinterher und wollte bei niemand anderem bleiben. Musste sie mal alleine bleiben, so dekorierte sie alles um. Sie öffnete die oberen Küchenschränke und verstreute Mehl, Nudeln oder Reis in der Wohnung, schmiss sämtliche Blumenstöcke vom Fensterbrett um bessere Sicht nach draußen zu haben und kletterte über den Balkon zu meiner Nachbarin, weil sie dort Stimmen gehört hatte. Es hat lange gedauert, bis sie gelernt hat, alleine zu bleiben. Naila wurde mit der Zeit immer sicherer und heute ist sie ein absolut zuverlässiger Hund. Nailas toller Art ist es zu verdanken, dass meine Mutter acht Monate nach Nailas Ankunft auch einen Hund von der Pfotenhilfe Ungarn adoptierte und weitere acht Monate später einen zweiten.
Egal wohin wir gehen, Naila benimmt sich immer vorbildlich. Sie geht freundlich auf Menschen und Tiere zu und „küsst“ diese dann auch gleich, dabei ist es egal, ob es sich um Schweine, Pferde oder meine Hasen handelt. Ich habe noch nie einen so lieben Hund gesehen, der sich sogar von Hasen Essen klauen lässt und nichts dagegen hat, wenn diese auf ihr rumklettern.
Naila begleitet mich oft zum Ausreiten, was ihr besonders gefällt, denn sie liebt es zu laufen. Wir bekommen häufig von Leuten zu hören, dass sie noch nie einen so schnellen Hund gesehen haben. Schwimmen mag Naila auch sehr, sie springt mit Anlauf ins Wasser und wenn sie dann mit ihrem schönen schwarzen Fell aus dem Wasser kommt, sieht es aus, als wären tausende Diamanten auf ihr.
Wir gehen einmal in der Woche in die Hundeschule, mittlerweile hat Naila die Begleithundeprüfung und eine Leistungsprüfung bestanden. Sie lernt sehr gerne und man kann Naila wirklich viel Blödsinn wie Rollen, Bellen auf Kommando, Bussi geben oder Verbeugen beibringen.
Ich könnte mir keinen Tag mehr ohne sie vorstellen. Sie anzusehen, macht mich schon glücklich.
Die Suche nach einem zweiten Hund ist nicht einfacher
Da Naila andere Hunde sehr mag und sich immer wahnsinnig freute, wenn wir meine Mutter besuchten oder wenn Hunde von Freunden bei uns „Urlaub machten“, sollte ein zweiter Hund bei uns einziehen. Er oder sie sollte wieder von der Pfotenhilfe Ungarn sein. Das machte die Suche aber nicht leichter, denn es gab einfach so viele tolle Hunde, die alle ein schönes Zuhause verdient hätten. Ich suchte also wochenlang und war mir doch nie so richtig sicher. Dann las ich den Vermittlungstext von Speranta und sah ihre Bilder. Eine Rumänin, die in einem Einzelzwinger saß und blind war. Obwohl alle Fotos unscharf waren und man eigentlich gar nicht so genau erkennen konnte, wie Speranta aussah, ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Aber genau wie damals bei Naila, war ich mir unsicher, wegen ihrer Blindheit und ob sich die beiden Hündinnen denn vertragen würden. Ich begann in Foren und auf Internetseiten über blinde Hunde zu lesen und je mehr ich las, umso sicherer war ich, dass wir das hinkriegen würden.
Ich schrieb der Vermittlerin von Speranta und war nicht weniger aufgeregt als bei Naila. Die Antwort kam sehr schnell und sie freute sich wahnsinnig über das Interesse an Speranta, weil sie ihr auch sehr am Herzen lag. Nachdem sie Rücksprache mit Nailas Vermittlerin gehalten hatte, gab sie mir das Okay.
Da ich über einen Monat warten musste, bis Speranta reisen konnte, hatte ich genügend Zeit, noch viel mehr Sachen über blinde Hunde zu lesen und wichtige Hundesachen einzukaufen: ein zweites Hundebett, ein faltbares Hundezelt (falls Speranta sich zurückziehen will), Halsband, Leine, Napf und natürlich ganz viele Leckerchen.
Ein rumänisches Überraschungspaket
Dann kam das Transportwochenende. Nach Stau auf zwei Autobahnen und schrecklichem Winterwetter kamen wir endlich an der Raststätte an. Keine fünf Minuten später kam auch schon der Transporter. Die kleine Speranta wurde aus dem Transporter gehoben und mir in die Arme gelegt. Sie war viel kleiner als ich gedacht habe und hatte so dickes Fell wie ein Bär. Sie hatte Angst und die ganze Heimfahrt über wusste sie nicht so recht, was mit ihr passierte. Zuhause angekommen verzog sie sich gleich in ihre „Höhle“. Wenn Naila an ihr vorbei lief, knurrte Speranta. Naila hielt Abstand und bedrängte sie nicht. In den darauffolgenden Tagen sah das Ganze dann schon anders aus und Speranta fand Naila toll. Von da an wollte sie immer ganz nah bei Naila sein. Sie hielt ihr den Kopf hin, um geputzt zu werden oder legte sich auf Naila. Speranta bekam genau wie Naila auch einen neuen Namen: Siena.
Bald war klar, dass die kleine Rumänin eine Schwindlerin ist und gar nicht blind war. Sie sah manchmal etwas „verschoben“, zum Beispiel sprang sie immer daneben, wenn sie auf ein Spielzeug springen wollte. Auch Sachen über ihr schien sie nicht so genau sehen zu können. Ein Besuch in der Augenklinik ergab, dass ihre Probleme beim Sehen wohl vom Sehnerv her kommen. Der Tierarzt war total begeistert von Sienas bunten Augen (das braune Auge ist unten blau, das blaue Auge unten braun) und machte gleich ein kleines Foto-Shooting. Mittlerweile hat sie entweder gelernt, dass Gegenstände weiter links oder rechts liegen, als sie sie wahrnimmt oder ihre Augen sind besser geworden. Wenn man sie heute sieht, merkt man kaum noch etwas davon. Die Blindheit hat sie vorgetäuscht und ein kaputtes Beinchen hat sie verheimlicht. Besonders bei nass-kaltem Wetter oder wenn sie zu viel getobt hat, läuft sie dann nur noch auf drei Beinen. Das Röntgen ergab, dass ihr Femurkopf deformiert ist und nicht mehr in der Hüftgelenkspfanne ist, sondern nach oben gerutscht ist, weshalb das linke Bein auch ein bisschen kürzer ist. Siena hat dadurch aber keine Schmerzen.
Der süßeste Hund der Welt
Die ersten Wochen mit Siena waren nicht einfach. Sie fürchtete sich vor Menschen und vor Hunden und sie wollte draußen vor lauter Angst nicht laufen. Unsere Gassigänge sahen bestimmt lustig aus, denn ich hielt in einer Hand Leberwurst aus der Tube, um sie damit zu locken und mit der anderen Hand zog ich sie am Geschirr hinter mir her. Mit der Zeit und dank Nailas Hilfe wurde das aber alles besser. Leider hatten wir dann aber ein blödes Erlebnis mit einem freilaufenden Hund, der auf Siena losging. Manche Hunde scheinen mit Sienas Augen nicht gut klar zu kommen, denn wir hatten seitdem noch weitere unschöne Erlebnisse dieser Art.
Auch Siena geht in die Hundeschule und dort ist sie der Liebling Aller. Sie hat viele Hundefreunde und alle finden sie süß. Wie man Menschen um den Finger wickeln kann, weiß sie ganz genau. Ihr Blick ist so zauberhaft, dass es oft schwer fällt, konsequent zu sein. Und wenn dann noch ein unbeholfener Tapser (das ‚unbeholfen‘ ist gespielt, aber Siena weiß halt wies geht) mit der Pfote kommt, kann niemand mehr zu irgendetwas „Nein“ sagen. Siena hat geschafft, was zuvor keinem Hund gelungen ist: sie darf bei meinem Vater Zuhause sogar auf die Couch. Siena kann aber nicht nur süß schauen und perfekt Pfötchen geben, sie kann auch ganz tolle Geräusche von sich geben. Diese reichen vom einfachen Seufzen bis hin zum ausgedehnten, melodischen Jaulen wenn sie Hunde im Fernsehen hört.
Es ist wirklich schön zu sehen, wie ein anfangs sehr vorsichtiger Hund Vertrauen fasst und sich mehr und mehr zutraut. Siena hat so viel Lebensfreude in sich und sie schafft es, jeden damit anzustecken.
Zwei Hunde – doppelt so viel Freude
Mittlerweise sind Naila und Siena ein eingespieltes Team. Naila gibt Siena Sicherheit und Siena sorgt für genügend Spieleinheiten. So unterschiedlich die Beiden sind, so gut passen sie doch zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Leben ohne sie wäre und ich danke der Pfotenhilfe Ungarn und meinen beiden Vermittlerinnen dafür, dass sie diese wundervollen Hunde zu mir gebracht haben.