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Mein Reisebericht zu Borisz Teil 4
Um das Langzeitgedächtnis von Borisz nicht allzu sehr zu strapazieren, hatten wir besprochen, die nächsten Trainingstage schon nach drei Wochen einzuplanen.
So kam es, dass ich mit Atti am letzten Februartag wieder im Auto saß und Richtung Ungarn fuhr.
Wie gewohnt saßen wir am Montagabend nach meiner Ankunft gemütlich zusammen und besprachen, was diese Woche auf dem Plan stand.
Am Dienstag schnappte ich mir den Großen, der sich richtig freute, mich zu sehen, und wir unternahmen alleine einen ausgiebigen Spaziergang.
Dabei begann ich ihm peu à peu zu vermitteln, wer wen an der Leine führt und wer die (zumindest grobe) Richtung der Reise bestimmt.
Es war deutlich zu spüren, dass die Betreuer in den drei Wochen an der Leinenführigkeit gearbeitet und ihn sensibilisiert hatten. Lieben Dank dafür!!
Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mich auf der Ranch endlich wieder einmal bei den übrigen Fellnasen umzuschauen, etwas Kontakt aufzunehmen, aber immer wieder bei Borisz in seinen Auslauf zu gehen und mit ihm Zeit zu verbringen.
Am nächsten Morgen kam dann Atti ins Spiel und wir gingen mit Borisz und einem Mitarbeiter des Tierschutzzentrums auf eine ausgiebige Runde. Das war dann auch das erste Mal, dass ich spürte, dass wir auf dem richtigen Weg waren und sich die Zeit lohnte. Attila reagierte ganz gelassen auf Borisz. Er begrüßte ihn zwar nicht stürmisch, was ist aber ohnehin nicht seine Art ist, lief aber ohne Kompetenzgerangel neben ihm und ließ sich sogar ab und zu einer gemeinsamen Schnüffeleinheit hinreisen. Na also, geht doch…
Den Nachmittag verbrachten die beiden teilweise ohne uns im großen Auslauf der Ranch. Das hin und wieder zu hörende halbherzige Gebrummel von Attila störte Borisz nicht im Geringsten.
Durch die positive Entwicklung mutiger geworden, unternahmen wir am nächsten Tag eine Spaziergang, bei dem ich beide Hunde alleine führen und Gábor nur im Notfall aktiv werden sollte.
Um meine Puls anzuregen suchte Gábor dafür einen Rundweg in Stadtnähe aus, auf dem gewöhnlich etliche Hunde und auch Pferde “unterwegs“ waren. Getreu dem Motto: das ist der Alltag, den ihr in Zukunft haben werdet… Jaaaa, Du hast ja recht. J Der erste freilaufende Schäferhund, der sich von seiner Besitzerin losgerissen hatte, ließ auch nicht lange auf sich warten (wobei ich mir bis heute nicht sicher bin, ob das nicht jemand aus Gábor‘s Hundegruppen war, die er bestellt hatte; zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls…). Auf alle Fälle war der Bursche zwar aufdringlich, aber freundlich. Was Atti aber nicht daran hinderte, die günstige Gelegenheit zu nutzen und ein bissel Zoff zu machen. “Hey Chef, ich war ganz ruhig bis er da war, aber jetzt… Borisz dagegen war völlig neutral und ruhig. Dieser Bursche, der in den ersten zwei Jahren keinerlei Sozialkontakte gehabt hatte und nichts kennenlernen durfte, schien Nerven wie breite Nudeln zu haben. Unglaublich. Kurz gesagt, die Begegnung verlief letztlich unspektakulär. Auch das Passieren von zwei Pferden war offensichtlich nichts, was einem aus der Ruhe bringen muss und so kamen wir gutgelaunt und sehr positiv gestimmt bei unseren Wagen an. Das einzige, was Borisz etwas verunsicherte, war und ist das Fahren im Auto in der Hundebox.
Hieran müssen wir noch arbeiten und ihm seine leichte Unsicherheit nehmen. Er lässt sich zwar mit Futter und sanftem Druck in die Box bugsieren. Sein Lieblingsort ist das aber noch nicht. Das äußerte sich auch dadurch, dass er währen der ganzen Autofahrt ununterbrochen bellte. Na ja, eine Schwäche muss er ja haben, sonst würde er mir so langsam etwas unheimlich werden…
Viel zu schnell war es wieder Freitagmorgen und meine Abreise stand an.
Zuvor wollten Gábor und ich aber noch testen, wie sich die beiden zusammen in einer Wohnung und auch beim Hinein- und Herauskommen verhalten. Dazu gingen wir zu Gábor’s Haus und waren einmal mehr überrascht, wie ruhig das Ganze von statten ging.
Es war deutlich zu spüren, dass Attila den Großen inzwischen in gewisser Weise in seinem Bereich akzeptierte. Borisz verhielt sich in diesen Tagen bei allem Neuen so unberührt, dass ich mich im Stillen schon fragte, was der Bursche wohl “auspacken wird“, wenn er erst einmal bei uns ist und sich so richtig eingewöhnt hat. J Vielleicht wird er mich, typisch Herdi (Herdenschutzhund) eben, immer mal wieder antesten, aber ich freue mich jetzt schon darauf.
Bei Abschied nehmen waren wir uns einig, dass wir noch einmal am Autofahren arbeiten werden und ich ihn dann entweder gleich, oder kurz danach übernehmen werde.
Es fällt mir nämlich jedes Mal schwerer, den tollen Burschen zurück zu lassen. Außerdem schaut er mir dann nach als wolle er mir sagen, das war’s jetzt wieder, oder was?
Hier ein Video.
Ich werde Euch auf dem Laufenden halten,
bis dann, Atti, Borisz und ich
Pfotenhilfe-Ungarn Team
und Team Tierschutz-Zentrum
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