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Mein Reisebericht ins Tierschutzzentrum zu Borisz Teil 3
In der ersten Februarwoche war es endlich wieder so weit.
Um die beiden Jungs langsam aber sicher miteinander kompatibel zu machen, stand für Attila die nächste “Trainingseinheit“ auf dem Programm.
Borisz hatte in den letzten Wochen auf der Ranch mit unterschiedlichen Hunden Kontakt gehabt und sich dabei in allen Fällen als völlig problemlos und sehr interessiert an Sozialkontakten gezeigt. Auch dem Pflegeteam gegenüber hatte er sich inzwischen weiter geöffnet und freut sich über jede Zuwendung und Ansprache.
Wenn ich mir überlege, dass dieser Bursche im letzten Jahr in Vollnarkose auf die Ranch gebracht wurde, weil er niemanden mehr an sich heranließ und ans Anleinen nicht zu denken war, kann ich einerseits nur erahnen, welche Erfahrungen er in den ersten beiden Lebensjahren gemacht haben muss. Andererseits zeigt es aber auch sehr eindrücklich, wie professionell und einfühlsam bei Gábor im Tierschutzzentrum mit jedem einzelnen umgegangen und auf seine speziellen Belange eingegangen wird.
Also musste ich jetzt nur noch unseren “alten granteligen Straßenkämpfer“ überzeugen, dass so ein großer Kumpel zu Hause in der Gruppe gar nicht so übel ist. Mit unseren beiden Hündinnen, Lepi und Cia, klappt das wunderbar, aber bei Rüden, ob kastriert oder intakt, entscheidet bei ihm auch nach fünfeinhalb Jahren immer noch die Sympathie, wie es in den Tierschutzanzeigen immer so nett geschrieben wird…
Am ersten Morgen nach unsrer Ankunft knüpften Gábor und ich dort an, wo wir vor einigen Wochen geendet hatten, bei einem gemeinsamen Spaziergang.
Auch wenn man ja weiß, dass sich unsere Nervosität immer auf die Hunde überträgt, kann man so etwas in eigener Sache trotzdem nicht völlig abstellen, zumindest ging es mir so.
Was Gábor in den Tagen darüber sinnieren ließ, wer die größere Herausforderung darstellt, Atti oder ich! Ich denke, es gibt da Entwicklungspotential auf beiden Seiten…
Auf alle Fälle nahm Atti den Leinenspaziergang gleich einmal zum Anlass, Borisz ohne Grund und für mich unerwartet anzurotzen und sich dafür von mir seit gefühlt ewiger Zeit einmal wieder einen richtigen Anschiss einzufangen. Das fing ja wieder gut an. Allerdings war Borisz von der Aktion völlig unbeeindruckt. Er wirkt auf mich generell, als habe er “Nerven wie breite Nudeln“ und das bei seiner Vorgeschichte, erstaunlich, aber auch typisch Herdi.
Am späten Nachmittag wurde Borisz zum für ihn sicherlich ersten Mal mit einer Hundebox im Auto konfrontiert. Wir haben in unserem Kleinbus eine geräumige Doppelbox eingebaut, in die er nach nur kurzem Zögern dank etwas Futter hineinstieg und auch keine Reaktion zeigte, als die Gittertür geschlossen wurde. Nach ein paar Minuten war die Übung beendet und Borisz stieg aus, als wäre das für ihn ganz normal.
Da ich im Alltag sehr viel mit dem Wagen unterwegs bin und meine Hunde meistens mitnehme, war das ein echter Etappensieg.
Über Nacht hatte Gábor wieder einmal gegrübelt und am nächsten Tag vorgeschlagen, die beiden Jungs in den großen Freilauf zu bringen und Kontakt aufnehmen zu lassen.
Also gingen wir mit den beiden an der Leine hinein und leinten sie nach einiger Zeit Herumlaufens kommentarlos ab. Die Aktion verlief besser als gedacht. Die beiden schnüffelten sich meist mit größerem Abstand durch den Auslauf, wobei Borisz immer wieder Interesse an Attila zeigte, was Atti aber geflissentlich übersah. Borisz ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Es war toll zu beobachten, wie unaufdringlich und diplomatisch er dabei vorging. Und das bei einem Hund, der mit Sicherheit in der Prägephase und auch danach keinerlei Gelegenheit bekommen hatte, Sozialkontakte und –verhalten mit Artgenossen lernen und entwickeln zu können.
Ich war und bin von diesem Burschen total begeistert.
Nachdem sich Attila im Freilauf aber immer wieder zu mir hin orientierte und Borisz ignorierte, wollte mich Gábor am nächsten Tag als “störende Unbekannte aus der Gleichung herausnehmen“.
Also ließ er die beiden am Morgen mit einem Mitarbeiter der Ranch in den Auslauf und ich saß versteckt im Transporter und beobachtete die beiden.
Borisz war wie am Tag davor sehr interessiert und signalisierte Atti,“hey komm‘ lass uns doch Kumpels sein“, während Atti das nicht ganz so sah, ihn aber zumindest tolerierte.
Das Prozedere wiederholten wir am folgenden Tag nochmals. Da ich am nächsten Tag wieder zurückfahren musste, besprachen wir das weitere Vorgehen.
Wir waren uns einig, dass eine Vergesellschaftung klappen würde, wir aber Attila noch etwas Zeit geben und ihn allmählich weichkochen wollten.
Die zeitlichen Abstände dazwischen wurden verkürzt, sodass wir jetzt im Abstand von drei Wochen noch zwei Übungseinheiten einplanten.
Ich werde Euch auf alle Fälle weiter auf dem Laufenden halten.
Pfotenhilfe-Ungarn Team
Und Team Tierschutz-Zentrum
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