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Mein Reisebericht nach Ungarn ins Tierschutzzentrum zu Borisz Teil 2
Nachdem meine letzte Fahrt auf die Swiss-Ranch und zu Borisz nun schon einige Zeit zurück lag (mein Reisebericht Teil 1 vom 26.11.2021), machte ich mich Ende letzten Monat wieder einmal auf zu Gábor ins Tierschutzzentrum.
Borisz war vor ca. drei Monaten kastriert worden und da sich sein Hormonhaushalt nach diesem Zeitraum umgestellt hatte, nahm ich unseren Attila, der mit unkastrierten Rüden so seine Probleme hat, mit auf die Reise,
um ihn mit seinem potentiellen neuen Hundekumpel bekannt und schon mal ein bisschen vertraut zu machen.
Von Gábor hatte ich vor einiger Zeit erfahren, dass Borisz völlig unerwartet an einem Tag kurz hintereinander zwei epileptische Anfälle erlitten hatte.
Aber auch das schreckte mich nicht ab, da Hunde mit dieser Krankheit “gut leben können und zurechtkommen“, sofern sie medikamentös richtig eingestellt sind. Dies auch als Appell an alle, die sich für einen bestimmten Hund interessieren,
der dieses Handicap mitbringt. Lasst Euch bitte alleine durch diese Tatsache nicht abschrecken.
Am letzten Wochenende im November kamen Attila und ich also im Tierschutzzentrum an. Da es leider schon spät war, musste ich mich bis zum nächsten Morgen gedulden, um Borisz zu sehen.
Ich war so gespannt, wie sich der Bursche entwickelt hatte, wusste ich doch, dass Gábor in den zwei Monaten seit meinem letzten Aufenthalt intensiv mit ihm trainiert hatte.
Am nächsten Morgen führte mich mein erster Weg natürlich zu Borisz. Attila hatte ich bewusst noch nicht dabei. Als Borisz mich sah, war meine Freude groß, da er sich sofort schwanzwedelnd zu mir in Bewegung setzte.
Ein solches déja vu hatte ich von ihm wirklich nicht erwartet. Überrascht sah ich, dass der Große inzwischen ein Geschirr trug, obwohl bei meinem ersten Besuch ans Anleinen und Spazieren gehen gar nicht zu denken war.
Aber wie gesagt, Gábor hatte ihn ja intensiv unter seine Fittiche genommen und das war deutlich zu sehen.
Borisz war wesentlich offener geworden, suchte immer wieder meine Nähe und ließ sich gerne kraulen. So verbrachten wir einen ersten ruhigen Vormittag in seinem Auslauf.
Dann geschah das, womit ich wirklich nicht gerechnet hatte, Borisz bekam urplötzlich einen heftigen epileptischen Anfall. Zu dem Zeitpunkt war ich alleine mit ihm und konnte nichts tun als einfach nur da sein und abwarten.
Ich erinnere mich noch, dass ich spontan dachte, okay, jetzt weißt Du was auf Dich zukommt. Vorher hatte ich so eine Situation ja noch nicht erlebt. Vor allem kann man in diesem Moment gar nichts tun, sollte etwas Abstand halten und nur schauen,dass sich das betroffene Tier nicht verletzen kann. Man fühlt sich schon verdammt hilflos…
Nach einigen Minuten, die einem sooo lange vorkommen, war der Anfall vorbei. Gábor erklärte mir, dass die Hunde nach so einem Anfall immer total erschöpft sind und meistens erst einmal schlafen. So war es auch bei Borisz.
Nachdem er sich beruhigt hatte, ließen wir ihn einfach in Ruhe und beobachteten ihn aus der Entfernung regelmäßig.
Unseren Trainingsplan mit ihm und Attila mussten wir natürlich komplett umstellen. Allerdings war ich überrascht, wie munter, aktiv und rotzfrech sich Borisz am nächsten Tag präsentierte. J
Als Gábor ihm das Geschirr anlegen wollte, machte er sich ein Späßchen daraus, flitze jedes Mal bei Annährung übers Gelände und ließ sich lange bitten. Aber nach so einem krassen Erlebnis war das legitim und Gábor ließ ihn erst einmal gewähren.
So verbrachten wir die nächsten beiden Tage mit gemütlichen Spaziergängen und “achtsamem Miteinander“, wie ich so etwas nenne.
Am letzten Tag war dann Atti’s erster Testlauf. Dass Borisz auf andere Hunde nicht aggressiv reagiert, hatte ich schon in den letzten Tagen gesehen. Er freute sich über jeden Hundekontakt am Zaun und wedelte selbst dann mit seiner riesigen Rute, wenn er von der anderen Seite aus angepöbelt wurde.
Attila, der bei seiner Ankunft bei uns vor fünf Jahren den personifizierten Leinen-Rambo spielte, hatte in diesen Jahren durch liebevolles, aber konsequentes Training viel gelernt und wurde deutlich entspannter, ist aber auch heute noch gerne ein Kandidat für etwas Zoff, wenn die Gelegenheit günstig ist und das Gegenüber mitspielt…
Aus dem Grund liefen Gábor und ich mit den beiden Jungs an der Leine mit deutlichem Abstand zunächst hintereinander und später auf dem Feld nebeneinander. Allmählich verringern wir die Distanz zwischen den beiden.
Borisz war wie immer entspannt und einfach nur interessiert, Atti war anfangs etwas grummelig und leicht hochfahrend, auch wie immer… J
Nach ca. einer halben Stunde gingen wir wieder in Richtung Tierschutzzentrum zurück. Der Rückweg lief für die beiden (und vor allem für mich !!) richtig entspannt ab.
Gábor und ich besprachen uns kurz und beschlossen, es für diese Mal dabei zu belassen. Manchmal ist weniger mehr…
Beim nächsten Trip Mitte Januar steht dann die Begegnung im Freilauf auf dem Programm, ich bin gespannt.
Einzelheiten dazu folgen im Reisebericht Teil 3.
Vorab nur soviel: Borisz wurde kurz nach seinem Anfall von dem Tierarzt, der die Hunde auf der Swiss-Ranch ständig betreut, medikamentös eingestellt und seitdem ohne weitere Komplikationen.
Es ist mir an dieser Stelle wichtig nochmals zu betonen, dass Epilepsie kein KO-Kriterium für einen Hund sein sollte, für den man sich interessiert. Man muss es nur wissen und sich mit Absprache und Hilfe des jeweiligen TA’s darauf einstellen…
Jetzt wünschen Attila, Borisz und ich allen Lesern aber erst einmal erholsame Weihnachtstage und alles Gute für 2022.
Bis bald
Pfotenhilfe-Ungarn Team
Und Team Tierschutz-Zentrum
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