Aktuelle Meldung
Leinenaggression…
… ist ein ganz heikles Thema, vor allem wenn man es in wenige Sätze packen möchte.
Deshalb kommt hier zunächst ein erster Teil zu dieser Problematik. Auf eine Fortsetzung dürfen Sie sich in der nächsten Woche freuen.
Prinzipiell sollte man sich zu Beginn einmal vor Augen führen was eine Leine denn ist und was mit ihr bezweckt wird.
Außer in den Fällen, in denen durch offizielle Vorgaben ein Hund an der Leine zu führen ist, gibt es eigentlich nur einen einzigen Grund für eine Leine.
Der Hundeführer möchte sicher gehen seinen Gefährten kontrollieren zu können (sei es, dass ein Hund taub, blind oder anderweitig mit einem Handicap versehen ist, oder vielleicht ängstlich, oder zum Jagen neigt oder eben einfach nur gerne die Ohren auf Durchzug stellt). Somit ist eine Leine an sich einmal überhaupt nicht Schlechtes.
Doch hier beginnt die Krux bereits.
Bei einem Mensch-Hund Gespann ohne jegliche Probleme, das geprägt von beidseitigem Vertrauen ist, ist die Leine auch wirklich nur ein lockeres Hilfsmittel und wird nie der Auslöser für ein Problemverhalten sein.
Das Tier wird sich sicher fühlen und in der Regel souverän auf andere Artgenossen reagieren.
Falls jedoch im Vorfeld bereits der Sand im Getriebe des Zweigespanns knirscht, so ist das Problem bereits vorprogrammiert.
Bitte seien Sie vorsichtig mit dem Begriff Leinenaggression, denn in den allerwenigsten Fällen geht es hier um Aggression im gebräuchlichen Sinne. Aus diesem Grund wird hier zunächst auch auf die Problematik mit einem unsicheren oder ängstlichen Hund eingegangen.
Stellen Sie sich vor, dass Sie ein kleiner Mischlingshund sind, evtl. gerade aus dem Ausland importiert und ziemlich hilflos und überfordert mit der neuen Situation. Vielleicht verstehen Sie ihren Menschen auch nicht auf Anhieb und sind hierdurch verunsichert. Sie werden an einer Leine mit nach draußen genommen und bemühen sich darum alles richtig zu machen, sind jedoch mit den Außenreizen, die Sie umgeben überfordert. Von vorne kommt „Gonzo“, der Schrecken der Straße mit seinem Herrchen auf Sie zu. Sie fühlen kurz was am anderen Ende der Leine geschieht. Doch hier spüren Sie auch nur Unsicherheit, Überforderung oder gar Angst. „Gonzo“ muss Ihrem Menschen also auch zusetzen! Die Leine wird verkürzt und der Zug setzt Sie weiter unter Druck. Schnell haben Sie entschieden, dass Sie es sind, der die Situation klären muss. An kurzer Leine können Sie nicht ausweichen und werden Ihrem „Schreckauslöser“ auch noch direkt zugeführt. Es gibt kein Entrinnen und somit setzen Sie alles auf eine Karte! Sie stellen Ihre Nackenhaare auf, um sich größer zu machen, sie gehen im sog. Imponier Gang um „Gonzo“ zu signalisieren, dass er nicht näherkommen soll, doch es hilft alles nichts. Also entscheiden Sie zum letzten Mittel zu greifen. „Angriff“ ist schließlich die beste Verteidigung! Vielleicht werden Sie in diesem Moment auch noch verbal von Ihrem Menschen angefeuert!
Die Gefahr geht vorüber, das Adrenalin strömt durch beide Körper und durch die Leine und der Hund hat etwas gelernt. Ihm ist nichts geschehen, also hat sein Verhalten zum Erfolg geführt.
Von außen betrachtet handelt es sich um einen klaren Fall von Leinenaggression, aber ich denke, dass Sie uns zustimmen, wenn wir behaupten, dass hier in allererster Linie ein Kommunikationsproblem vorliegt!
Wir wollen an dieser Stelle nicht behaupten, dass Unsicherheit der einzige Grund für solch unschöne Begegnungen ist, aber in sehr vielen Fällen verhält es sich so.
Was also tun?
Dies ist leider auch nicht in wenigen Sätzen unterzubringen, aber ein paar grundlegende Tipps haben wir schon.
1. Wie auch unter Menschen gibt es auch Hunde, die ihr gegenüber einfach nicht riechen können. Und das müssen sie auch nicht. Vermeiden Sie hier den direkten Kontakt. Es wird nicht besser werden, wenn Sie Ihren Hund zwingen sich tagtäglich mit „Gonzo“ auseinanderzusetzen. Gehen Sie „Gonzo“ aus dem Weg und forcieren Sie die Eskalation nicht weiter, bis sie sicher sind, dass Ihr Hund die Situation besser handhaben kann. Distanz hat auch sein Gutes!
2. Holen Sie sich Hilfe bevor die Lage eskaliert und Sie bereits verzweifelt sind. Auch wenn Sie vielleicht schon viel Erfahrung mit Hunden haben, kann Ihnen ihr neuer Kamerad doch Grenzen zeigen. Dies passiert immer wieder und auch Menschen mit sehr viel Hundeerfahrung. Sprechen Sie als erstes uns an. Wenden Sie sich an ihre Vermittlerin und setzen Sie uns davon in Kenntnis, wenn etwas nicht rund läuft. Wir werden Ihnen zur Seite stehen.
3. Arbeiten Sie nicht in der Situation selbst, sondern im Vorfeld. Bauen Sie ein Vertrauensverhältnis auf. Signalisieren Sie Ihrem Hund, dass Sie die Notsituationen für ihn regeln und er sich auf Sie verlassen darf.
4.Im Falle der Konfrontation versuchen Sie Abstand zu schaffen, Ihren Hund auf sich zu konzentrieren und konzentrieren auch Sie sich auf Ihren Hund und nicht auf „Gonzo“, bleiben Sie vor allem aber ruhig. Schreien feuert alles nur noch mehr an. Ein konsequentes „SITZ!“ noch vor der ersten Reaktion Ihres Hundes kann ihm helfen sich auf Sie zu konzentrieren. Ablenkung durch ein Leckerchen oder Spielzeug ist erlaubt, solange es noch rechtzeitig geschieht und angenommen werden kann.
5. Impulskontrollübungen im häuslichen Umfeld helfen Ihrem Hund auch in der akuten Stresssituation nicht überreagieren zu müssen. Wenn er lernt mit seiner Erregung anders umzugehen als mit Eskalation überträgt er das gelernte Verhalten auch auf andere Situationen.
Grob gesagt benötigt Ihr Hund Hilfe von Ihnen, die Sie ihm aber erst dann geben können, wenn Sie mit ihm kommunizieren können und auch bei einem Spaziergang ganz bei und mit ihm sind und auf seine Signale achten, denn Ihr Hund wird Ihnen anzeigen sobald etwas für ihn nicht in Ordnung ist. Hier sofort einzugreifen ist Ihre Chance das sich anbahnende Problem auf einem niedrigen Niveau zu halten oder es eben gar nicht erst soweit kommen zu lassen.
Sicherlich haben Sie, gerade wenn Sie diese Problematik kennen, die eine oder andere Frage. Scheuen Sie sich nicht uns zu kontaktieren.
Im zweiten Teil der Leinenaggression werden wir uns nächste Woche darauf konzentrieren wie es sich verhält, wenn besagter „Gonzo“, der Schrecken der Straße, nicht auf sie zukommt, sondern am anderen Ende ihrer eigenen Leine hängt.
Es wird im Ergebnis das gleiche Problemverhalten zur Folge haben, aber, da aus ganz anderen Gründen ausgelöst, auch mit ganz anderen Mitteln zu beheben sein.
Pfotenhilfe-Ungarn Team
Und Team Tierschutz-Zentrum
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