Ungarn
In den Augen vieler Menschen entsteht bei diesem Wort das Bild von der Puszta, von fruchtbarer Tiefebene, majestätischem Gebirge, der Donau, Balaton, Paprika, Gulasch und Tokajer. Einfach ein wunderschönes und gastfreundliches Land mit 360 Sonnentagen im Jahr. Seit 1999 ist Ungarn Mitglied der Nato, seit 2004 Mitglied der EU.
Der Tourismus wächst, viele Komitate profitieren davon. Die Armut der Landbevölkerung ist in jedem Dorf zu sehen. Der Tierschutz spielt da nur eine untergeordnete oder gar keine Rolle. Ketten- oder Tonnenhunde sind normal. Sie kommen oft als Welpe/ Junghund an die Kette, und niemand macht sich die Mühe zu überprüfen, ob die Kette um den Hals zu eng wird. Also wächst sie ein.
Ebenso normal ist die "Entsorgung" z.B. älterer oder kranker Tiere durch Aussetzen, Aufhängen, Erschlagen, Verhungern lassen. Was nicht selten ist: Welpen werden aus fahrenden Autos geworfen.
Die ungarische Bevölkerung, eine andere Mentalität
In Ungarn landet ein Hund auf dem Sofa, oder an der Kette. Die meisten Tiere jedoch werden draußen gehalten, angekettet, und als Wachhunde genutzt. Oft bewachen sie Ruinen und Felder. Der älteren Generation fehlt ein anderes Verständnis. Die Tiere wurden seit Generationen so gehalten. Sie werden überwiegend mit eingeweichtem, altem Weißbrot ernährt.
Wenn die Menschen teilweise um das Überleben kämpfen müssen, wird nichts übrig sein für die medizinische Behandlung, die artgerechte Ernährung, Impfungen, geschweige denn eine Kastration. Die Impfpflicht der Tollwut hat im Jahre 2006 dazu geführt, dass vermehrt Hunde in Tierheimen und zu Tötungen abgegeben wurden.
Die -umgerechnet- 6 Euro für die Impfungen wurden oder konnten nicht gezahlt werden. Auch die Rezession macht sich im Tierschutz bemerkbar. Im Bereich Budapest und dem "Speckgürtel" darum herum mag die Welt noch einigermaßen in Ordnung sein. Nur gerade auf dem Land und in den Randgebieten kommt es vermehrt zum Aufgreifen fast verhungerter Hunde.
In der jüngeren Generation hat jedoch schon ein Wandel stattgefunden. In unserem betreuten Tierheim werden Kindergärten und Schulklassen eingeladen, Führungen und Adoptionstage extra für die Kinder durchgeführt. Sie sollen lernen, mit Tieren respektvoll umzugehen.
Tierschutzgesetz in Ungarn und die Umsetzung
Das Tierschutzgesetz stammt aus dem Jahre 1978, letzte Ergänzungen 2004. Zusätzlich hat jede Gemeinde eine Halterverordnung. Es gibt keine einheitliche Regelung. 1998 wurde im Rahmen des EU-Beitritts von der Landesversammlung Folgendes festgelegt:
Zitat: Die Landesversammlung legt fest- in dem Wissen, dass Tiere Respekt verdienende Wesen sind, die imstande sind zu fühlen, zu leiden, Freude zu empfinden - dass es die moralische Pflicht jedes Menschen ist, in Anerkennung des unterschiedlichen Wertes, den die Tierwelt als Ganzes und Tiere im Einzelnen für den Menschen haben, ihr Wohlbefinden zu gewährleisten. (Zitatende)
Kapitel 1: Allgemeine Festlegung, Definition der Grundbegriffe:
Schädigung eines Tieres ist: Einem Tier körperlichen oder seelischen Schaden zuzufügen oder es unter unwürdigen Bedingungen zu halten.
Tierquälerei ist: Sinnlose Schmerzen verursachende Quälerei oder Haltung oder Handlung, die Angst auslösen oder gesundheitliche Schäden verursachen kann.
Im Strafgesetzbuch ist festgelegt, dass bei unsachgemäßer, nicht artgerechter Haltung, der Halter mit bis zu 3 Jahren Haft verurteilt werden kann.
Beispiel Sopron 2006
Ein Kamerateam betrat in Begleitung eines Tierarztes und eines anerkannten Züchters die Anlage eines Mudi (ungarische Hütehunde) -Züchters. Sie fanden ca. 200 Hunde vor. Angekettet oder in kleinsten Bretterverschlägen verwahrt. Zwischen ihnen Kadaver von Artgenossen; Wasser und Futternäpfe gab es nicht.
Die Hunde waren alle in einem unbeschreiblichen körperlichen und seelischen Zustand. Die meisten Hunde litten am Kaspar-Hauser-Syndrom. Schon Monate vorher wurde bei den zuständigen Behörden immer wieder auf die bestialischen Zustände hingewiesen, aber erst durch die bildliche und schriftliche Dokumentation wurde man zögerlich aktiv.
Der zuständige Amtsveterinär bezeichnete die Haltung bei der Besichtigung als "befriedigend". Anfang März wuchs der öffentliche Druck durch Soproner Bürger und Tierschützer aus Österreich, Deutschland und England. Endlich wurde die Polizei aktiv, erklärte das Gelände zur Sperrzone, beschlagnahmte die Tiere und verteilte sie in Tierheime der Umgebung.
Ungarische, österreichische und deutsche Tierschutzorganisationen wollten helfen, konnten aber nichts tun, da durch eine behördliche Anordnung verfügt wurde, dass keiner der Hunde während des laufenden Verfahrens vermittelt werden darf. Sie galten als Beweismittel und waren beschlagnahmt. Dass die Tierheime, die meistens überfüllt sind, durch die Situation komplett überfordert waren, interessierte offensichtlich niemanden.
Im Dezember wurde der "Züchter" wegen Tierquälerei verurteilt und legte umgehend Berufung gegen dieses Urteil ein. Im März 2007 (!) wurde er dann verurteilt. Er bekam ein Hundehalteverbot.
Amtliche Beschlagnahme der Mudis
Tierschutzgesetz, Kapitel X, § 44, 1:
Der Staatsanwalt tritt in Strafverfahren im Interesse des Schutzes von Tieren und gegen Verstöße im StGB als verboten beschriebene Verletzungen von Tieren auf.
Tierschutzgesetz, § 33 setzt fest, dass beschlagnahmte Tiere "artgerecht" untergebracht werden müssen.
Selbst in der Tötungsdeponie Sopron wurden Mudis untergebracht. Sie durften nicht kastriert werden. Sie lebten dort in Bretterverschlägen, da die Tötung für "Dauergäste" nicht ausgelegt ist. Staatliche Mittel zum Unterhalt der Tiere gab es nicht. Sie wurden in Tierheimen und auch in der Tötungsstatin Sopron nur durch Futterspenden unterhalten.
Das Schlimmste jedoch, sie vermehrten sich während der Unterbringung. 18 neue Mudis wurden geboren. Da man sie nicht vermitteln durfte, litten auch sie an massiven Verhaltensstörungen. Dies ist nur ein Beispiel von zahllosen, in denen, selbst bei Anzeigen mit mehreren Zeugen und filmisch dokumentiertem Material, die Täter mit einer " Verwarnung" im weitesten Sinne davon kommen.
Trotz gesetzlicher Möglichkeiten nach dem Strafgesetzbuch anders zu verfahren. Und es ist ein Beispiel dafür, dass eine artgerechte Unterbringung nicht erfolgt. Schon gar nicht durch die Förderung des Fiskus.
Die Beendigung des Lebens eines Tieres
Kapitel 2
Die Beendigung des Lebens eines Tieres :
§11 beinhaltet, dass das Leben eines Tieres nicht ohne triftigen Grund beendet werden darf und § 12 sagt ganz klar, dass die Beendigung eines Lebens ausschließlich unter Narkose erfolgen darf.
(Es gibt ausserdem eine Sonderreglung für Notsituationen)
Was geschieht mit den Tieren?
tötungsdeponie sopron am 27. juni 2008 teil2 - MyVideo
... in der Tötungsdeponie:
Es gibt noch immer staatlich bestellte Hundefänger (ungarisch: Gyepmester oder Sintér, wörtl. übersetzt Abdecker), die die Tiere in Auffanglager/ Seuchenstationen oder Tötungsstationen bringen und dort nach eigenen Ermessen mit den Tieren umgehen. Es gibt einige, in denen die Tiere soweit wie möglich, gut versorgt werden.
Aber die Mehrzahl sieht leider anders aus. Die Tiere werden wenig und unregelmäßig versorgt. Es gibt Erdlöcher, in die sie geworfen werden, damit sie sich gegenseitig töten. Die Verweildauer wird mit 14 Tagen im Durchschnitt vorgegeben. Danach werden die Tiere erschlagen, erschossen oder mit T 61 ohne Narkose ermordet.
Tierschützer vor Ort wollen von einer Tötung wissen, in der die Hunde nicht mit Wasser und Futter versorgt werden. Die Tötung erfolgt somit durch
Verdursten bzw. Verhungern. Es gibt ca. 80 aktive Tötungen in Ungarn. Dies ist wirklich nur eine Schätzung. Die Behörden geben offizielle Zahlen nicht heraus. Die ungarische Bevölkerung ist darüber kaum aufgeklärt.
Sie geben dort Katzen und Hunde ab und glauben, es würde sich dabei um ein Tierheim handeln. In dieser Zeit darf nur der Besitzer sie dort wieder herausholen. Der Nachweis ist oft schwierig. Sollte der Besitzer nicht kommen, können sie nach zwei Wochen getötet werden. Für Katzen gibt es so eine Frist nicht. Viele Tötungsstationen machen sich nicht einmal die Mühe, diese Tiere aufzunehmen.
Sie werden sofort getötet.
Tierheim Kecskemét/Ungarn - MyVideo
... im Tierheim:
Wir von der Pfotenhilfe Ungarn e.V. arbeiten seit 2007 mit dem Tierheim Mentsvar in Kecskemét zusammen. Dieses Tierheim ist eine ehemalige Tötungsstation und dementsprechend baulich ungeeignet für ein akzeptables Tierheim. Im Jahr werden dort 800-1000 Hunde aufgenommen.
Fundtiere, weggeworfene Tiere und Tiere aus Beschlagnahmungen.
Den Tierheimen fehlen die finanziellen Mittel. um die Tiere artgerecht zu halten. Die Tiere leben in viel zu großen Gruppen und leiden in den Gehegen unter permanentem Stress. Beissereien sind keine Seltenheit. Die medizinische Versorgung ist mehr als mangelhaft. Die hygienischen Zustände sind grausig. Oft werden die Hunde mit alten Brotresten aus Spenden gefüttert, weil das Geld für Hundefutter fehlt.
In vielen ungarischen Tierheimen werden Restaurantabfälle verfüttert. Intakte Rüden laufen in Gehegen mit nicht kastrierten Hündinnen. So gibt es auch ein selbstgemachtes Nachwuchsproblem. Mentsvar verfügt über die "Luxusausstattung" eines kleinen Welpenhauses und einer kleinen Krankenstation, die durch Spendengelder aus Deutschland erheblich mitfinanziert wurden.
Es gibt zu wenig Mitarbeiter, die motiviert sind. Das durchschnittliche Gehalt liegt um 400.-€ für eine Vollzeitbeschäftigung im Tierheim. Die Mitarbeiter sind meist nicht in der Tierpflege ausgebildet und wissen eigentlich nicht, wie man mit den Tieren umgeht, und was die hygienischen Notwendigkeiten erfordern. Das Berufsbild des Tierpflegers gibt es in Ungarn nicht.
Im Jahr 2008 wurden insgesamt 900 Hunde aus dem Tierheim Kecskemét vermittelt. Davon ca. die Hälfte durch die PHU. Gestorben sind durch Beissereien oder Infektionen ca. 200. Es gibt unzählige Tierheime, die keinerlei Unterstützung erfahren, und in denen die Tiere von dem zu "gewährleistenden Wohlbefinden" sehr weit entfernt sind.
Es handelt sich bei den meisten Tierheimen lediglich um Auffanglager. Um die staatliche Unterstützung zu bekommen, sind in Ungarn einige Voraussetzungen zu erfüllen. Das Tierheim bzw. das Auffanglager muss sich zuvor aus eigenen Mitteln 5 Jahre "durchbeißen". Dann ist es möglich, die 1 % Förderung zu erlangen.
Das bedeutet, dass 1 % der Steuer, die der Bürger oder das Gewerbe zahlt, an das Tierheim fließen kann. Die Bürger bzw. Firmen können dann beim Finanzamt einen Antrag abgeben, dass automatisch ein 1 % ihrer zu zahlenden Steuer an die bedürftige Station abgegeben wird. Die Tierheime können mit diesen Geldern die medizinische Versorgung nicht leisten.
Die Tiere können nicht artgerecht ernährt werden. Somit können auch kaum noch Kastrationen davon finanziert werden.
Die Verantwortlichen
Durch die mangelhaften, verschiedenen Halteverordnungen ist eine Handhabe kaum bzw. nicht möglich. Nach wie vor werden die meisten Strafanzeigen eingestellt. Der oben geschilderte Fall des Massenzüchters galt als Präzedenzfall. Obwohl dort Beweise genügend vorhanden waren und nach dem Strafgesetzbuch auch eine Haftstrafe hätte erlassen werden können, gab es nur ein Halteverbot.
Warum ist die Situation so?
Es werden von Privatpersonen kaum Kastrationen durchgeführt. Die Hunde hängen zum Teil an Ketten, und es gibt viele Straßenhunde. Streuner können sich somit unkontrolliert vermehren oder aber Kettenhunde decken. Es gibt in Teilen Ungarns bereits wilde Rudel. Auch sie vermehren sich unkontrolliert. **
Ein weiteres Problem -- Profitgier
Ein weiteres Problem stellen die Vermehrer da. Es gibt nach wie vor viele Hundemärkte in Ungarn. Dort werden Welpen von Rassehunden zu Dumpingpreisen angeboten. Dies auch über das Internet nach Deutschland. Wer für 250 Euro einen Rassehund mit Papieren kauft, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Eltern dieser Tiere ein Leben lang leiden müssen.
Was muss sich ändern?
Gezielte einheitliche und gesetzliche finanzielle Unterstützungen für:
- Ausbildung für Tierheim-Mitarbeiter
- eine adäquate medizinische Versorgung der Tiere
- Errichtung von angemessenen Tierheimen und in dem Zuge Abschaffung von Tötungsstationen. Staatliche Durchsetzung der Umwandlung der Tötungsdeponien in Tierheime
- Gewährleistung einer artgerechten Ernährung
- Durchführung von landesweiten Kastrationsprogrammen
- Verbot von Ketten- und Tonnenhaltung
- Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung über artgerechte Haltung, überwiegend in Schulen
- konsequente Umsetzung der Judikative und Exekutive bei Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
- schärfere Strafen für Tierquäler und entsprechende Umsetzung
- Verbesserung des Tierschutzgesetzes z.B. § 9 Eingriffe am Tier in dem das Kupieren von Ohren und Ruten in Zuchtprogrammen zur Erhaltung von Rassemerkmalen erlaubt wird, soll verboten werden.
- Europaweites Verbot der Sodomie bzw. Zoophilie und entsprechende Strafverfolgung.
Wir hoffen, dass, wie es die Landesversammlung festlegt, immer mehr Menschen ihre moralische Pflicht für die Tiere erkennen und übernehmen. Wir bitten inständig im Namen der Tiere, für die wir (die Menschen) Verantwortung tragen, zu helfen, dass jedes Tier ein würdiges Leben führen kann. Dann können auch wir das Bild von einem schönen Land von unseren Tierheimfahrten mit nach Deutschland nehmen und nicht mehr das Bild von den traurigen, um Hilfe flehenden oder resignierten Hundeaugen, denen wir kein würdiges, neues Leben ermöglichen konnten.
Das Pfotenhilfe-Ungarn e.V.-Team für STARS von Ärzte für Tiere e.V.
Warum ist diese Aktion so wichtig?
Sie haben jetzt viel über Ungarn gelesen, ein paar Bilder gesehen und wir hoffen sehr, dass wir Sie für dieses Vorhaben gewinnen konnten.
Uns wurden für dieses Projekt Fotos vom Tierheim Kecskemet von Beschlagnahmungen zur Verfügung gestellt. Diese unterliegen dem Copyright. Ohne den Hinweis auf das Tierheim Kecskemet /Mentsvar, dürfen diese NICHT weiter im Internet veröffentlicht werden.
Bitte schauen Sie sich die Bilder nicht mit Kindern zusammen an.
Sollten Sie kein Blut sehen können, warnen wir hier ausdrücklich vor den Bildern.
Dann klicken Sie bitte NICHT auf den folgenden Link.
Hier geht es zu den weiteren grauenvollen Bildern.
Liste der Tötungen in Ungarn
Die unten gemachten Angaben stammen von Recherchen aus dem Internet und Befragungen von ungarischen Tierschützern.
Die Anmerkungen hinter den Klammern stammen von unserer Dolmetscherin, Annamaria Imm-Koczian. Ohne sie wäre dieser obige Bericht mit den Verordnungen, Gesetzen und Informationen nicht möglich gewesen.
Die hier gemachten Angaben sind ohne Gewähr, da laufend auch Deponien wieder geschlossen oder in Tierheime umgewandelt werden. Dazu gibt es auch kleine private Tötungen, die im Internet nicht zu sehen sind.
Bácsalmás
Baja
Balatonfüred (UMWANDLUNG IN TIERHEIM)
Békés
Cserszegtomaj (Keszthely)
Csorna - wird sofort getötet
Debrecen Dorog – dort wird sofort getötet, ganz schlimm
Dunaújváros
Eger
Érd
Esztergom-Dömös
Gyomaendröd
Gyöngyös
Hajdúdánás
Hajdúhadház
Hajdúszoboszló
Jászberény
Kaposvár
Karcag
Kiskunfélegyháza
Komló
Köszeg
Kunszentmiklós
Kunszentmiklós
Leányvár – soll ganz schlimm sein!
Makó
Mátészalka
Mohács
Mosonmagyaróvár
Nagykanizsa
Nyíregyháza
Ózd
Pápa
Pécs
Sátroaljaújhely
Sopron
Szabadszállás
Szarvas
Szeged
Székesfehérvár
Szentendre
Szentes
Szombathely (?)
Tata
Tatabánya
Tokaj
Várpalota
Zirc