Ein neuer Hund zieht ein
Liebe Hundeinteressenten, leider kann es immer mal wieder, trotz sorgfältiger Vermittlungsgespräche und Vorkontrollen, zur Rückgabe eines Hundes kommen. Das ist für die Hunde eine ganz furchtbare Sache und stellt uns außerdem vor große Probleme, da wir meist auf die Schnelle einen neuen Platz finden müssen.
In der Regel erfolgte die Rückgabe, weil am Anfang entscheidende Fehler bei der Eingewöhnung des Hundes gemacht wurden und zu wenig auf die individuellen Bedürfnisse der Tiere eingegangen wurde. Jede Rückgabe bedeutet für einen Hund ein traumatisches Erlebnis, häufig gepaart mit neuen Ängsten durch falsche Behandlung. Um zu vermeiden, dass ein Hund wieder abgegeben wird, möchten wir Sie bitten, die folgenden Hinweise sorgfältig zu lesen und zu beherzigen.
Wenn Sie sich nach der Lektüre immer noch für einen unserer Schützlinge interessieren, dann freuen wir uns sehr, Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können.
Wenn man einen Hund ins Haus holt, geht man damit immer eine große Verantwortung für viele Jahre ein. Adoptiert man einen Hund aus dem Tierheim, dann handelt man damit im Sinne des Tierschutzes und hilft Tieren in Not, die sonst evtl. keine Chance mehr hätten.
Die Aufnahme eines Hundes, egal woher, sollte immer ganz genau durchdacht sein. Alle Familienmitglieder sollten nicht nur einverstanden, sondern begeistert von der Idee sein, will man nicht riskieren, dass im Notfall niemand die Verantwortung tragen möchte. Außer dem finanziellen Hintergrund muss natürlich ausreichend Zeit für einen Hund vorhanden sein. Ein Hund muss jeden Tag hinaus, bei Wind und Wetter.
Ein Garten ist schön, reicht aber niemals aus, um einen Hund wirklich artgerecht zu halten. Neben dem Laufen, sollte man einen Hund auch geistig beschäftigen, um seinem Bedürfnis nach mentaler Befriedigung gerecht zu werden. Für jeden Hundehalter sollte das Wohlergehen seines Tieres so wichtig sein, dass er bereit ist, Arbeit, Zeit, Geduld, Liebe und evtl. auch Geld für professionelle Hilfe zu investieren, um dem Hund gerecht zu werden.
Die Anschaffung aus Mitleid sollte niemals die Motivation sein. Mitleid allein reicht nämlich bei weitem nicht aus, um einen Hund glücklich zu machen.
Die Hunde aus Ungarn haben ganz unterschiedliche Geschichten. Häufig verbringen sie eine lange Zeit im Tierheim, bevor sie vermittelt werden können.
Ungarische Hunde sind genauso individuell wie andere Hunde auch. Im Tierheim gibt es sehr wenig Zeit, sich mit den Hunden zu beschäftigen, deshalb sind sie sich meist selbst überlassen und der einzige menschliche Kontakt besteht in Fütterung und Säuberung.Der Kontakt zu Artgenossen ist auch nicht immer freundlich, da durch die Enge, die wenigen Rückzugsmöglichkeiten und dem ständigen Lärm und Stresspegel ein normales Miteinander der Hunde kaum möglich ist. Das Einhalten der Individualdistanz ist schon aufgrund von Platzmangel häufig unmöglich.
Es bedeutet also nicht grundsätzlich, dass ein Hund der in einem sogenannten „Rudel“ im Tierheim leben muss, auch wirklich begeistert vom Zusammenleben mit Artgenossen ist. Die Beschreibungen der Hunde spiegeln immer den subjektiven Eindruck der Tierpfleger vor Ort wieder. Selten können wir wirklich genaue Aussagen über die Hunde machen, da sie sehr häufig ohne Hinweise abgegeben, oder als Streuner eingefangen werden. Hunde passen sich sehr schnell der momentanen Situation an und versuchen dort, so gut es geht zurecht zu kommen.
Es kann also sein, dass ein Hund der im Tierheim für sich entdeckt hat, dass das Zurückziehen ihm etwas Entspannung verschafft, in einer Familie ein ganz anhänglicher und verschmuster Hund ist. Auch der laute und hysterische Kläffer, der im Tierheim an den Zaun springt, um beachtet zu werden, kann im eigenen Heim ein ruhiger Vertreter sein.
Ebenso kann aber auch ein Hund, der im Tierheim völlig unauffällig ist, aufgenommen in der Familie, plötzlich ein Territorialverhalten zeigen, oder der futterneidische Hund im Tierheim hat im Haus nichts dagegen, sein Futter mit der Hauskatze zu teilen.
Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass Hunde sich immer angepasst an ihre Situation verhalten, um auf evtl. Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung vorbereitet zu sein. Wenn die Hunde von uns aus Ungarn abgeholt werden, nehmen wir sie damit aus einer, in unseren Augen vielleicht unschönen, aber für die Hunde vertrauten Umgebung heraus. Die Fahrt nach Deutschland ist trotz aller Fürsorge für die Hunde anstrengend. Oft sind sie das erste Mal in einer Hundebox untergebracht und natürlich können die Hunde nicht wissen, dass es nun in ein neues unbekümmertes Leben geht, auch wenn sie oft erstaunlich gelassen die Strapazen der Reise ertragen.
Wenn es dann zur Übergabe kommt, stehen aufgeregte Menschen bereit, um die Reisenden in Empfang zu nehmen. Die Hunde wissen aber gar nicht wie ihnen geschieht. Plötzlich so viel Aufregung um sie herum. Hände, die nach ihnen greifen, das alles kann für einen Hund sehr anstrengend und auch beängstigend sein. Auch die tatsächliche Ankunft IM Haus/Wohnung, -häufig das erste Mal, dass die Hunde überhaupt in ein Haus kommen-, bereitet dem einen oder anderen Hund Probleme.
Damit alles gut geht beim Einzug Ihres neuen Familienmitglieds hier eine Liste mit Tipps, damit der Start ins neue Leben auch gelingen kann:
- Bitte nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Abholung des Tieres am Übergabeort. Die Hunde sollten nicht mit Hektik aus den Boxen gezerrt und sofort in ihr Auto verfrachtet werden.
- Die Hunde kennen Sie nicht, sie wissen nicht, dass Sie „ihr Retter“ sind. Lassen Sie dem Tier Zeit und bestürmen Sie es nicht bei der ersten Begegnung. - Kommen Sie bitte nicht mit zu vielen Personen zur Abholung, sondern wenn möglich nur zu zweit.
- Bereiten Sie ihr Fahrzeug für einen sicheren Transport des Hundes vor, z.B mit Decken oder einer Transportbox. - Bitte bringen Sie Ihren vorhandenen Hund, wenn möglich, nicht mit zur Abholung. Eine Zusammenführung direkt nach der Fahrt, in emotional aufgeladener Situation ist denkbar ungeeignet.
- Wenn Sie mit dem Hund Zuhause ankommen, lassen Sie ihm bitte erst mal viel Zeit das Haus zu erkunden. Der neue Hund sollte sich in aller Ruhe umsehen bzw. umschnüffeln können.
- Bitten Sie Nachbarn und Verwandte dem Hund eine Eingewöhnungszeit zu gewähren und lassen Sie nicht sofort alle zur Begrüßung des neuen Mitbewohners ins Haus kommen.
- Leinen Sie den Hund anfangs bitte an und achten Sie darauf, dass das Geschirr wirklich gut passt. Bei bekannt ängstlichen Hunden besorgen Sie sich bitte ein Sicherheitsgeschirr aus dem der Hund nicht entwischen kann.
- Der neue Mitbewohner muss langsam an den neuen Lebensalltag gewöhnt werden. Stundenlange Spaziergänge sind am Anfang für viele Hunde viel zu anstrengend, da sie häufig kaum Muskulatur haben und mit den vielen Eindrücken überfordert sind.
- Der ängstliche Hund braucht besonders viel Zeit. Bedrängen Sie ihn nicht, lassen Sie ihn von sich aus auf Sie zukommen. Erst wenn Sie merken, dass der Hund beginnt, sich in seiner neuen Umgebung wohl zu fühlen, sollten Sie an einen ersten kurzen Spaziergang denken. Wenn Sie keinen Garten besitzen, wo der Hund sich lösen kann, sollten Sie das „Gassigehen“ möglichst kurz und in ruhiger Umgebung durchführen.
- Achten Sie bitte auf Ihre Körpersprache und verängstigen Sie den Hund nicht dadurch, dass Sie laut polternd auf ihn einreden, frontal auf ihn zugehen, ihn anstarren oder sich über den Hund beugen. Oft haben die Hunde sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht und müssen nun erst langsam wieder Vertrauen fassen. Denken Sie immer daran, der Hund weiß nicht, dass Sie „sein Retter“ sind und er kann Ihre Liebesbekundungen schnell missverstehen.
- Lösen Sie sich von dem Irrglauben, dass ein Hund so ein Gefühl wie Dankbarkeit empfindet, denn dann sind Sie auch nicht enttäuscht, wenn der Hund sich eben wie ein Hund benimmt. Moralvorstellungen wie Dankbarkeit, Scham usw. kommen im biologischen Repertoire eines Hundes nicht vor. Demzufolge gibt es auch keine Undankbarkeit, die man dem Hund leider gerne unterstellt, wenn es nicht so läuft wie man sich das vorgestellt hatte.
- Der Hund braucht einen Ruheplatz, an der er sich zurückziehen kann und er sich sicher fühlt. Niemand sollte ihn da stören, auch Kinder müssen davon abgehalten werden.
- Üben Sie von Anfang an das Alleinbleiben, indem Sie den Hund schrittweise und allmählich in länger werdenden Zeitintervallen allein lassen. Nutzen Sie die Zeiten, in denen der Hund ohnehin nicht aktiv ist.
- Falls es Probleme gibt melden Sie sich bei uns oder suchen Sie unbedingt den Rat eines professionellen Hundetrainers, der nach modernen Methoden arbeitet. Herrscht in der ausgewählten Hundeschule Kasernenhofton, oder werden Hunde zum Gehorsam geprügelt oder an der Leine geruckt, lassen Sie unbedingt die Finger davon. Ein moderner Hundetrainer, der wirklich über ein fundiertes Wissen verfügt, ist in der Lage gewaltfrei und auf Grundlage von positiver Bestärkung mit Hunden zu arbeiten. Bei der Suche nach geeigneten Trainern sind wir gerne bereit Sie zu unterstützen.
Tipps, falls schon ein oder mehrere Hunde im Haus leben
- Sorgen Sie für eine erste Begegnung auf neutralem Grund. Sollten Sie bereits mehrere Hunde besitzen, sollten Sie jeden einzeln mit dem neuen Hund bekannt machen.
- Sie können auch anfangs angeleint in kleinerem Abstand mit den Hunden laufen, damit sie schon mal Sicht- und Geruchskontakt aufnehmen können.
- Vermeiden Sie Körperkontakt angeleint, da viele Hunde angeleint eine größere Individualdistanz haben. Auch wenn Sie Ihren vorhandenen Hund gut einschätzen und interpretieren können, müssen Sie den neuen Hund erst kennenlernen. Helfen Sie ihm dabei nicht in Bedrängnis zu geraten, damit die erste Begegnung wirklich harmonisch verläuft (Leinenkontakt: Hunde können angeleint nicht wirklich kommunizieren, Körpersprache wird verstellt. Geruchsaufnahme benötigt nicht den Berührungskontakt, da Hundenasen sehr gut riechen können.).
- Der neue Hund muss das Haus und Grundstück in Ruhe erkunden können und sollte bei der Zusammenführung im Haus als erster Hund ins Haus gehen.
- Achten Sie beim Füttern darauf, dass Sie keine Futteraggression aufbauen. Anfangs bitte immer getrennt füttern.
- Denken Sie daran, dass der vorhandene Hund sich seinen neuen Mitbewohner nicht ausgesucht hat und evtl. am Anfang Umstellungsprobleme hat.
- Falls Ihr alter Hund "schmollt", sollten Sie ihn nicht trösten, sondern souverän mit ihm umgehen und dafür sorgen, dass er sich nicht benachteiligt fühlt, indem Sie sich nicht ausschließlich mit dem neuen Hund beschäftigen.
- Es wird in der Regel einige Zeit brauchen, bis die Hunde ihren Platz in der neuen Umgebung gefunden haben. Es handelt sich nicht um ein natürlich gewachsenes Rudel, sondern um eine künstlich zusammengewürfelte Lebensgemeinschaft, deshalb sind auch die Interaktionen innerhalb eines solchen Verbandes nicht 1:1 auf das natürliche Rudelverhalten von Wölfen oder Wildhunden zu übertragen.
- Sorgen Sie dafür, dass jeder Hund seine Rückzugsmöglichkeiten erhält und der Hund die Möglichkeit hat, als Individuum zu existieren.
- Evtl. ist es am Anfang auch sinnvoll die Hunde in getrennten Räumen schlafen zu lassen und erst dann unbeaufsichtigt zusammen allein zu lassen, wenn man sich sicher sein kann, dass sie sich verstehen.