Eine Reise in die Vergangenheit
Ich habe 2007 mit weiteren 6 Mitstreitern die Pfotenhilfe-Ungarn e.V. gegründet. Da sich 2013 im Verein Strukturen änderten und auch meine berufliche Tätigkeit sich änderte, habe ich die PHU verlassen. Mit einigen Mitgliedern hatte ich weiterhin Kontakt, mit anderen verlief es sich und bei einigen Projekten im Tierschutz war ich weiterhin – aber nicht in vorderer Reihe – tätig.
Nie aber wieder so aktiv, wie damals. Es war eine schöne Zeit. Anstrengend und oft traurig aber wir hatten auch so viel Spaß dabei. Teilweise fühlte es sich wie Familie an. 2011 war ich das letzte Mal in Ungarn und eben auch im Tierschutzzentrum bei Gabor. Ich hatte immer viele Hunde und auch oft Pflegehunde. Böbi, meine große Herdenschutzmixhündin aus Kecskemét musste 2021 eingeschläfert werden.
Ich habe noch drei kleine Hunde aus Ungarn und Russland. Irgendwie aber wollte ich wieder etwas Großes. Auch berufsbedingt hätte ich gern wieder etwas was wacht und wenn es zum äußersten kommt, mich auch schützt. Das tat Böbi aber sie war nicht mehr da. Also nahm ich Kontakt zu Gabor auf und wir sprachen den Termin ab. Morgens am 03.08.2024 fuhren wir, mein Lebensgefährte Björn und ich, los. Die kleine französische Bulldogge Amanda nahmen wir mit. Wir kamen nicht so gut durch und gegen 1:00 Uhr am 04.08.2024 waren wir dort.
Gabor empfing uns sehr herzlich und wir fielen kurz danach totmüde ins Bett. Ich hatte zuvor auch bei anderen Vereinen auf den Internetseiten geschaut und dort den einen oder anderen Kandidaten gefunden. Zum Teil hatte ich dort auch schon Kontakt aufgenommen. Danke an Canifair.e.V. und auch an Projekt Pusztahunde e.V.. Der Plan also war, am 04.08. im Tierschutzzentrum zu schauen. Gabor hatte mir dort Lotti für mich empfohlen. Eine kleine Schäferhündin.
Diesmal gab es Anforderungen. Ich kann hier leider nicht mehr jeden Hund nehmen. Das war früher anders. Früher sagte ich kurz vor der Abfahrt in Kecskemet: Ich habe drei Plätze, wer muss mit? Heute geht das nicht mehr so. Hier sind Pferde, Kinder, eine Katze und Papageien.
Nach dem Frühstück also gingen wir ins Tierschutzzentrum. Eigentlich wollten wir dann am nächsten Tag nach Szentes. Das Tierheim, bei dem damals alles eingefroren war, als ich es besucht hatte. Das war mit das Schlimmste was ich je in Ungarn gesehen habe.
Den Tag darauf wollten wir nach Orosháza und vielleicht noch nach Kaposvar.
13 Jahre hatte ich das Tierschutzzentrum nicht mehr gesehen. Im Internet verfolgte ich schon die Veränderungen, aber das vor Ort zu sehen war schon anders. Dort wo wir früher übernachtet hatten war nun ein Therapieraum, die Küche war nun der Bereich wo Hunde geschoren werden können und ein kleines Büro. Alles war anders.
Große Zelte für Lager sind nun vorhanden, wo damals nur Zwinger waren sind nun geschlossene Räume die Hitze und Kälte fernhalten.
Was hätten wir dafür gegeben, wenn es damals diese Möglichkeiten gegeben hätten? Ich erinnere mich noch heute an einen Deutsch Drahthaar. Dieser stand damals im Tierheim im Winter bei Frost am Gitter. Er zitterte und seine Barthaare waren gefroren. Ich fragte Gabor ob es nicht irgendeine Möglichkeit gäbe…. es gab keine. Wir fuhren damals den Transport nach Deutschland und als ich wieder am Rechner saß wurde er als tot gemeldet.
Bosco hieß er und ich weiß noch genau wie er aussah.
Die Mitarbeiter haben einen Aufenthaltsraum. Es ist nun ein Tierheim. Ein richtiges Tierheim.
Bei dem Behandlungsraum für den Tierarzt, in dem auch Operationen durchgeführt werden, war ich echt baff. Wie hier bei uns bei einem Tierarzt – toll.
Gabor führte uns durch die Zwinger und ich danke ihm dafür. Denn ich war da auch total offen ob ein Junghund oder ausgewachsen. Gleich im ersten Gehege war der Sohn von Lotti. Klar war er wild und schlug an, ein sportlicher Junghund eben.
In mir lief in Windeseile ein Film ab, was man bei so einem Burschen alles leisten müsste und ich dachte nur …. neeee das will ich nicht mehr. Das hatte ich Jahre und das kann ich nicht mehr leisten. Dafür ist zu viel nebenbei. Ein toller Hund, keine Frage aber nicht für mich. Ein Hund für eine junge sportliche Familie aber nicht mehr für mich. Wir gingen weiter und es waren so viele und da kam auch wieder der Gedanke, den ich damals schon immer hatte: Wo sollt ihr alle hin? Wohin?
Wohin mit all diesen Seelen die an den Zaun laufen und um Aufmerksamkeit betteln oder denen, die sich zurückziehen und klar äußern, ich bin mit dem Thema Mensch vorerst durch. Wohin mit ihnen? Dies hier ist für Ungarn schon gehobener Standard aber eben kein Zuhause. Egal wie sich die Mitarbeiter und auch Gabor bemühen, es kann kein Zuhause sein.
Kati führte uns dann zu Lotti. Lotti war in einem innen liegenden Zwinger und sie war sehr schüchtern. Nach vorn drängelte sich immer wieder ihre Zellengenossin. Lotti traute sich kaum zu uns. Wir setzten uns also in ihre Nähe, schauten sie nicht an und sie kam ganz vorsichtig. Kurz danach war irgendwie das Eis gebrochen und sie kuschelte und freute sich über unseren Besuch. Sie ließ sich spontan auch überall anfassen und lag dann auch entspannt neben uns.
Sie gefiel uns spontan. Echt ne Süße. Wir gingen später weiter und nun waren wir im letzten Auslauf – käme man durch den Haupteingang wäre es der erste. Dort war ein großer weißer Hund. Er bellte und wich vor Angst immer wieder zurück. Ich machte mich klein und setzte mich mit dem Rücken an den Zaun aber er kam nicht. Er bellte. Von Kati erfuhr ich: das ist Willi.
Ein Rückläufer – ein Rückläufer wie so viele Rückläufer. Es ist so traurig, dass Menschen Hunde adoptieren und nicht alles ausschöpfen um Probleme anzugehen. Es ist so schade, dass Menschen Erwartungen haben und nur weil diese Hunde diese nicht erfüllen wieder zurückschicken. Zurückschicken nach Ungarn. Wie mag sich das für diese Hunde anfühlen?
Erstens unverstanden und dann wieder zurück. Zurück in einen Auslauf oder Zwinger und zuvor haben sie im Haus gelebt. Jetzt haben sie Futter, ein Dach über den Kopf und kurzen Kontakt zu Mitarbeitern und viele eben auch kurzen Auslauf. Das wars. Ich werde es nie verstehen. Ich hatte viele Hunde und viele waren auch nicht einfach. In all den Jahren habe ich einen abgeben müssen.
Er hat heute einen Platz als Prinz und im Grunde war es das was er wollte. Er hätte sonst irgendwann einen meiner vorhandenen Rüden tot gebissen oder ich hätte sie trennen müssen.
Gabor sagte mehrfach in den Tagen: Die Zeiten haben sich geändert. Corona hat auch einiges verändert. Tja mag sein und trotzdem werde ich es nie verstehen.
Schon am Ende des Rundgangs sagte ich zur Gabor: Ich möchte gar nicht mehr in ein anderes Tierheim. Hier sind genug und es würden nur noch mehr in Frage kommen. Wir werden auch hier etwas finden.
Unsere kleine Amanda lief bei Gabor mit seinen Hunden zusammen und ich war erstaunt wie sie auf einmal aufblühte. Gabor hat eine große Hündin und zwei Rüden. Einen intakten und einen kastrierten.
Die kleine Amanda lief auf einmal mit an den Zaun und wenn jemand kam bellte sie mit. Ihre Stimme habe ich hier zuvor vielleicht nur drei Mal gehört. Aber dort…. Es war so niedlich und auch seine Hunde waren echt nett zur ihr. Man muss aber nun auch sagen, dass Gabor seit Jahrzehnten nichts anderes macht als Hunde auszubilden.
Seine Hunde sind super gut erzogen, orientieren sich an ihm und er kann sie jederzeit „abstellen“. Sehr gefallen hat mir Juni. So ein toller Hund, der aus dem Tierheim ist und mit Sicherheit bei Feld- Wald- und Wiesenübernehmern (verzeiht mir den Ausdruck) ein Rückläufer geworden wäre. Juni muss man sich als Türsteher mit ADHS vorstellen. So ein toller Hund und bildschön noch dazu. Gabor und ich sind mit den Hunden jeden Morgen spazieren gegangen.
Die Sandwege dort sind zum Gehen mit den Hunden traumhaft schön. Kommt ein Auto dann kann man noch nebenbei Kaffee kochen bis es an einem vorbei ist. Nicht zu vergleichen mit hier und ich fand das damals schon soooo schön.
Wir gingen also mit Lotti spazieren. Sie wollte allein gar nicht das Gelände verlassen also kam ihre kleine Hündin, die mit ihr im Zwinger ist, mit. Sie war vorerst sehr ängstlich, aber Schritt für Schritt ging es besser.
Für beide Hündinnen war das eine erfreuliche Abwechslung. Ach ich mochte sie. Sie orientierte sich auch an uns obwohl sie uns gar nicht kannte. Wir verbrachten wieder Zeit mit ihr, auch im Zwinger und im Innenhof. Vom Innenhof aus konnte man wieder an das Gehege zu Pancho. Der große weiße Hund – wohl ein Komondor Mix. Er bellte und wich immer zurück.
Gabor erzählte die Geschichte zu Willi. Ach Mann, wieder so ein missverstandener Hund. Wir gingen also rein zu ihm. Schon imposant wenn so ein Riese einen anbellt. Er ging aber nicht nach vorn. Ich habe mich also klein gemacht und blieb einfach passiv sitzen. Irgendwann kam er und ich konnte ihn kurz anfassen. Er nahm Leckerlies auch aus der Hand.
Mein Herz schlägt für Herdenschutzhunde. Man sagt man hat nur einen Hund im Leben. EINEN, den einen. Ich glaube ich hatte zwei. Paul, der der Initiator der PHU war. Ein kleiner Dackel der 5 Jahre seines Lebens an 1,50 m Kette in Ungarn hing und eine absolute “Charaktersau“ war. Was war das ein toller Hund der alles regelte. Böbi war phasenweise auch nicht einfach aber eben etwas ganz besonderes.
Abends aßen wir zusammen und ich fragte Gabor: Traust Du mir Willi zu? Er sagte klar: Ja!
Dann gab er seine Einschätzung zu dem Hund ab. Nun war klar, wir sollten mit Willi am nächsten Tag spazieren gehen. Ich war völlig überrascht dass das gehen sollte. Doch, sagte Gabor, das geht. Am nächsten Morgen haben wir also Willi eingefangen. Wirklich eingefangen, weil herankommen an ihn war irgendwie nicht möglich. Rein ins Sicherheitsgeschirr, auch hier kam keine Reaktion, und los. Erstaunlicherweise erlebten wir eigentlich einen entspannten Willi.
Klar war er ängstlich er fror aber nicht ein sondern schlenderte mit uns mit. Das erstaunte mich und er orientierte sich an uns. Die kleine Amanda im Schlepptau, der die Hitze echt zu schaffen machte. Wir verbrachten dann noch einige Zeit in seinem Gehege und in mir kroch da schon dieses Gefühl hoch. Dieses miese Gefühl: Einen musst du zurücklassen.
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Lotti, die so herzlich ist und mit ihrer leeren Futterschüssel durch die Gegend läuft. Die schon jetzt viel offener uns gegenüber war und dann war da Pancho. Der missverstandene Hund. Und mein Herz schlägt nun mal für Herdis. Sie gehören nicht in die Stadt, sie brauchen ein Grundstück zum Bewachen und ich mag ihre Selbstständigkeit auch wenn diese manchmal nicht von Vorteil ist.
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Der Schäferhund hat den will to please und ist somit ja ganz anders. Lotti hat eben auch richtig Feuer während der Herdi ja eigentlich meist in sich ruht. Ich mag das so. Ich dachte an Böbi, wenn sie sich hinlegte war es immer laut irgendwie. Dieses Hinplumpsen und dann das entspannte ausatmen. Herdibesitzer werden wissen was ich meine. Der Wal, da bläst er.
Und wenn sich Jemand dem Grundstück nähert wird eben kurz und bestimmt Alarm geschlagen. Nicht so wie unser kleiner Dackel aus Russland, der dann nicht wieder aufhören kann. Es ist eben anders.
Am nächsten Morgen standen wir auf. Ich traf Gabor und hatte Tränen in den Augen. Er fragte was los ist und ich antwortete, mein Verstand sagt Lotti und mein Herz sagt Willi.
Er lächelte und sagte ich weiß. Über all die Jahre mit mehr oder weniger Kontakt kennt man sich eben. Er weiß wie ich ticke und ich weiß aber auch wie er tickt. In einigen Dingen sind wir grundverschieden und in vielen Dingen gleich. Ich schätze ihn sehr und wir können streiten; konstruktiv streiten. Es gibt wenige Menschen mit denen ich das kann. Nächtelang ein Für und Wider ausdiskutiern. Das war und ist auch heute wieder schön.
Wir gingen spazieren und er erzählte noch über Pancho. Wie er jetzt tickt, was man machen müsste und das traute ich mir zu. Das wird schon gehen.
Aber was ist mit Lotti? Wie traurig, sie dort lassen zu müssen. Das schlechte Gewissen kroch an mir hoch. Ich glaube nach wie vor, dass es Dinge gibt zwischen Himmel und Erde die wir nicht erklären können. Ich hatte vor der Fahrt schon immer an Paul und Böbi gedacht und gedanklich darum gebeten: Sie mögen mir den richtigen Hund schicken.
Vielleicht waren die beiden nicht einer Meinung und Paul tendierte eher zu Lotti und Böbi aber zu Willi. Ich weiß es nicht. Fakt ist, wir besprachen dann, dass Lotti auf Pflegestelle mitkommt und Pancho auf Endplatz. Mein Lebensgefährte war auch damit einverstanden. Er wollte immer einen Schäferhund. Auch er hätte es nicht ertragen Lotti zurückzulassen.
Wir nahmen nun die kleine Amanda mit zu Willi ins Gehege und er war schon irgendwie offener. Kam nun gleich schüchtern und schleichend an, aber er kam. Er wich Amanda immer wieder aus und dann war da der Moment. Gabor sagte, das wäre ambivalent irgendwie Flucht aber irgendwie auch eine Spielaufforderung.
Die kleine Amanda meinte dann wohl zu ihm ach komm Junge lass uns spielen und er ging darauf ein. Sie spielten. Ich hatte Tränen in den Augen. Wie schön. Ein schlaksiger Herdi spielte wie ein Welpe. Diese langen Beine immer wieder von oben kommend… ihr wisst was ich meine. Das passte eigentlich gar nicht zu diesem riesen Kerl, der schon ein gestandener Bursche ist. Lustig sah das aus.
Ich war so erleichtert, so erleichtert nicht einen von beiden zurücklassen zu müssen. Gleichzeitig aber hatte ich Bedenken, hoffentlich geht das gut. Hoffentlich ist das nicht zu viel und trotz der Bedenken war dieses Gefühl der Erleichterung größer. Wie würden sie zuhause auf alles reagieren, was würden Paula und Cara wohl zu ihnen sagen? Egal, es wird schon irgendwie gehen. Es ging ja immer irgendwie. Ob blind, taub, krank. Irgendwie geht es ja immer.
Wir aßen abends noch und gingen zusammen die Homepage durch. Das war früher mein Steckenpferd. Ich würde da vieles ändern, denn die aktuelle Homepage ist in die Jahre gekommen… Die Mitarbeiter der Pfotenhilfe Ungarn sehen das genauso. Deshalb ist seit längerer Zeit etwas Neues in Planung und das ist gut so.
Gabor zeigte mir dann schon mal die neue, sich im Aufbau befindende Seite, wie sie sein könnte und wie modern sie gestaltet ist. Schön wird sie.
Mir fehlen die fesselnden Geschichten, die einem die Tränen in die Augen trieben.
Bei einigen Homepages, die man verfolgt, hat man fast das Gefühl man ist dabei und will dann auch wissen wie es dem Tier weiter ergangen ist.
Gabor, der immer kritikfähig ist, wird dies im Team ansprechen, ob hier vielleicht wirklich Verbesserungsbedarf besteht. Andererseits gab es früher sicherlich mehr solche spektakulären Vorfälle in Sachen Tierschutz, die heute glücklicherweise durch das, wenn auch langsame, Umdenken in der Bevölkerung weniger geworden sind.
Wir beschlossen nachts zurückzufahren. Weil es dann kühler war und wir besser durchkamen. Wir schliefen nachmittags obwohl ich nicht wirklich schlafen konnte. Wie früher war ich so aufgeregt. Ich durfte damals den Transporter mit den Hunden nie durch Ungarn und Österreich fahren. Wenn ich am Steuer saß, kamen wir prompt in eine Kontrolle. Auf der Rückfahrt mit den Hunden im Transporter bin ich regelmäßig erst ab Bayern gefahren. Ich habe die Kontrollen immer angezogen.
Um 17:30 Uhr haben wir alle Hunde eingeladen und sind los. Wir haben wirklich nur Strecke gemacht. Tanken fahren, tanken fahren. Auf der Hälfte der Strecke waren wir an einer Tankstelle, die gerade nächtliche Pause machte. Es war ruhig und wir ließen unsere Hunde alle mal raus.
Trinken wollten sie nicht, pinkeln wollten sie nicht. Sie wollten nur schnüffeln. Auch ok. Wer Bedenken hat das diese Transporte Stress für die Hunde bedeutet, den kann ich beruhigen. Ich habe in meiner aktiven Zeit um die 40 Transporte durchgeführt und dabei gab es nur zwei Hunde, die echten Stress hatten. So, dass wir sie dann nach vorn nahmen und bespaßt haben.
In der Regel schlafen die Hunde während des Transports. Ich mochte es so, wenn ich hinter mir im Laderaum besonders die älteren Hunde schnarchen hören konnte. Endlich konnten sie in Ruhe schlafen. Wenn man nachts in der Nähe des Tierheims ist, hört man sie auch dann immer mal wieder bellen, weil irgendwas ist. Jetzt, während ich diesen Text schreibe höre ich hier nichts von meinen fünf. Sie liegen unten und schlafen.
Eigentlich schlafen Hunde circa 18 Stunden am Tag. Im Tierheim ist das nicht möglich, weil immer etwas ist und sie kommen immer wieder hoch und bellen.
Was sich wirklich zum Positiven verändert hat und ich war echt baff: Früher, wenn wir Teammitglieder Hunde auf Pflegestellen mitnahmen, hatten wir ja regelmäßig mit Giardien zu tun.
Lästige Einzeller, die einem den ganzen Bestand zur Einnahme mit Panacur zwangen. Da ich Amanda hatte und diese Hunde leider rassebedingt zu Darmentzündungen neigen, haben wir Lotti und Pancho auf Giardien getestet. Ich war total überrascht, dass so etwas heute so schnell möglich ist Wie krass ist das denn? Toll – Die Schnelltests waren bei beiden negativ und sie wurden auch auf Mittelmeerkrankheiten getestet. Hier auch beide negativ und das habe ich schriftlich.
Ich war so begeistert und ich sagte zu Gabor, was hätten wir dafür gegeben, wenn das damals möglich gewesen wäre?
Wir kamen um 8:30 Uhr zu Hause an und haben die Zusammenführung der Hunde gemacht. Pancho und Lotti waren noch mit Sicherheitsgeschirr und Schleppleine gesichert. Das Grundstück ist eingezäunt aber nicht über 2 Meter.
An zwei Stellen nur 1,50 Meter. Tja und was soll ich sagen? Wie zuvor geschrieben, es wird schon irgendwie gehen und es ging. Lotti hat nun wohl auch ihren Frieden mit der Katze gemacht. Am nächsten Morgen meinte Amadeus noch zu ihr, er sei noch nicht fertig und hat ihr richtig eine verpasst. Seitdem macht sie einen Bogen um den Kater. Willi ist sehr vorsichtig mit der Katze und auch mit der kleinen Amanda.
Die Althündin Paula ist noch ganz strikt der Meinung, man müsse diese beiden Hunde nur lange genug ignorieren dann verschwinden die auch wieder. Bei Lotti wird das vielleicht noch so sein, bei Willi aber nicht. Da müsste er mir dann schon die kleine Amanda zerbeißen, das aber wird nicht passieren, da er grad mit ihr so liebevoll und vorsichtig umgeht.
Wir hatten dann doch bei Lotti noch ein paar Tagen mit Durchfall zu tun. Das hatte sie schon in Ungarn und der Tierarzt hatte sie noch abgetastet. Nichts zu fühlen. Es ist eher stressbedingt. Das ist hier nun auch Schnee von gestern. Wir üben regelmäßig mit den beiden. Sie müssen noch viel lernen und Lotti, wirklich durch und durch Schäferhund, will sich bewegen und laufen und will einfach nur gefallen.
Sie macht schon Sitz, lässt sich auch bei Ablenkung abrufen, Willi ist ruhig und in einigen Situationen noch ängstlich, orientiert sich aber stark an uns und an Lotti. Somit hilft Lotti ihm auch Situationen und Geräusche, vor denen er Angst hat, gut zu überstehen. Willi sucht Körperkontakt ist im Kopf irgendwie noch Welpe und nur in seltenen Fällen verhält er sich wie ein Rüde.
Viele Sachen die zur Abgabe führten kann ich überhaupt nicht bestätigen. Lastenfahrräder findet er gruselig und das nächste werde ich anhalten so das die Fahrer und Insassen mal Leckerlies verteilen. Ich gehe da bei ihm wie bei Pferden vor. Wenn er vor Gegenständen Angst hat, wieder hin und hier schau es dir an. Das tut nix und nach kurzer Zeit kommt er auch zu der Erkenntnis: Ach stimmt, das tut gar nix.
Lotti wird hier auch geklickert und da sie echt verfressen ist, ist sie der absolute Streber. Holla das macht richtig Spaß. Wenn ihre Familie sie nicht findet, dann hat diese Familie selbst schuld. Denn diese Familie verpasst einen absolut tollen Hund der nur gefallen will und alles mitmacht. Ihre anfängliche Schüchternheit ist weg.
Sie läuft gut an der Leine und wir sind uns sicher das sie all die nächsten Hürden auch überstehen wird. Auch hier trägt sie ihren leeren Futternapf nach dem fressen durch die Gegend. Das hat sie auch in Ungarn gemacht.
Für mich nach all den Jahren wieder in die Vergangenheit zu reisen war komisch und schön zugleich. Ganz herzlichen Dank an Gabor für die herzliche Aufnahme. Aber wie wir schon in Ungarn sagten: Irgendwie wie früher. Suchst Du was, dann nimm Dir was Du willst. Danke dafür.
Ich freue mich, wenn wir uns wiedersehen und wir werden uns wiederkommen. Das steht fest. Ich bin gespannt wohin die Reise mit diesen beiden Hunden geht und ich bin mir jetzt nach ein paar Tagen sicher: Böbi hat mir Willi geschickt und Paul die Lotti. Trotzdem wäre es schön, wenn Lotti ihre Familie findet, denn diese Familie würde mit ihr wirklich eine verlässliche noch sportliche Hündin bekommen.
Was ist mir in all den Jahren in Ungarn aufgefallen? Ich habe nicht einen Kettenhund gesehen. Nicht einen! Das hat mich so gefreut. Früher waren überall Kettenhunde. Sie bewachten Weinberge, Baustellen und Häuser die nicht bewohnt waren. Nicht einen! Mir ist aufgefallen, dass auch an den Einkaufszentren viele Menschen waren, die Hunde an der Leine hatte und fürsorglich mit ihnen umgingen.
Früher gab es so etwas nicht. Es hat sich also doch so viel getan. So viel und doch ist es noch zu wenig. Zu wenig für die, die warten. Ob es in Helvecia ist in Kecskemet, in Miscolc oder in Kaposvar. Ja und klar musste ich mir vorher auch wieder anhören: Hier in Deutschland sind die Tierheime auch voll. Ja klar und ich habe auch hier geschaut aber für mich passt eben auch kein durchgeknallter Staff, kein Schäfer der nicht zu Kleintieren kann, kein Berner der Kinder blöd findet und kein Berner der Katzen frisst. Wir hatten damals schon die Situation: Eine 55 Jahre alte Person möchte einen kleinen wuscheligen Hund. Diese Person wird keinen Staff, keinen Schäfer und keinen Berner nehmen. Sie wird einen kleinen Wuschelhund nehmen. Wenn es diese dann zu Hauf im Ausland gibt muss ich doch nicht lange überlegen.
Ich danke den Unterstützern und Aktiven der Pfotenhilfe-Ungarn e.V., den Aktiven der 12 weiteren Vereinen, die aus der PHU entstanden sind. Den zahlreichen Adoptanten, die den Hunden ein Zuhause geben. Nur so kann es weiter funktionieren.
Willi und Lotti werden sich freuen. Eine Mitarbeiterin nahm Pancho abends sogar mit ins Bett. So nämlich gehen diese Mitarbeiter mit den Hunden um. Auch sie haben ihr Herz teilweise an sie verloren - nur können sie sie nicht übernehmen.
Elke Schulz
PS: Und wir bekennen uns als Pflegestellenversager. Lotti bleibt. Ihre Familie hat einen tollen Hund verpasst. Unsere Lotti, die nun auch frei laufen kann und abrufbar ist – herrlich.
Willi geht noch zur Vorschule aber wir schaffen das. Danke für zwei tolle Hunde.